________________________________________________________________________e-mail an Christian
Es war damals etwas ganz Besonderes für mich als
achtzehnjähriger Schüler gefragt zu werden, ob ich nicht in einer „Band“
mitspielen wollte. Rodger, der damalige Bassist der Gitarrengruppe der ev.
Kirche in Biebesheim, hatte mich wohl schon mal mit meinem Keyboard unterm Arm
gesehen. Da ich so gar nicht wußte was mich da erwartet, sagte ich mit
zuckenden Schultern und einem „Joa“ zu.
Wo man heute seine Musik überall dabei hat, die komplette Liedersammlung auf USB-Geräten speichert und im Notfall mal schnell was aus dem Internet runterlädt, hat man sich 1994 noch Songs vom Kumpel auf Kassette überspielen lassen oder gewartet, bis sie im Radio laufen. Und ohne das Internet mußte sich zwangsläufig immer einer der Bandmitglieder den Vorbereitungen für die nächste Probe annehmen, meistens war das Rodger, und neue Texte aus Büchern zu kopieren, oder „von der CD rauszuhören“ und auf Schreibmaschine tippen. Und Rodger wußte gleich, was da paßt und was uns liegen
könnte. „Bad moon rising“, „Sugar, sugar“, „Nights in white satin“, „House of
the rising sun“ hießen die ersten Songs von Take 5, obwohl wir die Band zu
diesem Zeitpunkt noch überhaupt nicht getauft hatten. Irgendwie traf mich
dieser Musikgeschmack und die Euphorie der anderen Drei genau ins Herz – denn
wenn die meisten meiner Schulkameraden „Dr. Alban“, „Milli Vanilli“ und „New
Kids on the block“ hörten, drehte ich in meinem Zimmer die Und wie hab ich mich gefreut wenn mich die Freunde fragten
„wie, du hast Bandprobe? Du spielst in’ner Band?!" Dass der Keyboarder nur auf seinen Tasten rumdrückt, wollten die anderen beiden bald ändern. Es galt alle Kapazitäten auszuschöpfen. „Sing doch auch mit – vielleicht obendrüber!“ Es dürfte wohl der Refrain von „Nights in white in satin“ gewesen sein, in dem ich mit „and I love you, oh I love you, oh-how I love you!“ meine erste Oberstimme plazierte – mit dünner Stimme, zögerlich – aber unheimlich stolz. Als der Kirchenchor den Gemeindesaal dienstags benutzen
wollte, mußte die „kleine Gitarrengruppe“, die noch nicht Take 5 hieß,
ausweichen. „Wir gehen einfach in Zukunft runter in den Disco-Keller“ entschied
Rodger gleich. Und das war doch schon viel mehr einer Rockband entsprechend. Da
war schummeriges Licht aus UV-Lampen, verstaubter Boden, niedrige Decken und es
roch nach kaltem Zigarettenqualm. Der angrenzende Abstellraum wurde scheinbar
schon jahrzehntelang nicht mehr genutzt und außer den zahllosen selbstgemachten
Tonfiguren in den Wandregalen hielt uns nichts davon ab, nach der Probe unser
Equipment dort zu lagern, so daß wir von da an keine Instrumente mehr zur Probe
schleppen mußten und außerdem ab sofort die Hände frei hatten für Brot, Wurst,
Cola und Bier. Das bot sich an, da wir während der zeitlich überschaubaren
Kirchenchorprobe „über uns“ zwischen 20:00 und 21:00 Uhr keine laute Musik
machen konnten. Also war eine Stunde lang Vesper angesagt. Das sollte der
Grundstein sein für den Proben-Ablauf, wie er sehr ähnlich auch 18 Jahre danach noch
aussehen sollte. Einen Trommler hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Aber die Sterne standen sehr gut – und eine Rockband braucht einen Drummer. Zum
einen kannte ich den Schlagzeuger aus dem Ev. Bläserchor gut, zum anderen
lagerte das Schlagzeug der „Bläser“ im Gemeindehaus, da dort immer geprobt
wurde. Und „wenn man die mal nett fragt, können wir’s bestimmt ab und zu
benutzen!“ Thomas Hedderich, der bei uns – ja, eigentlich überall – nur
„Hedde“ hieß, war Feuer und Flamme, paßte prima zur Band und hatte sich wohl
auch nach so einem Gefüge gesehnt. Man hörte an seinem Stil, daß er eine
riesige Freude daran hatte einfach mal so richtig „druffzukloppe“, Irgendwie haben wir es dann auch geschafft ein paar kleinere
Auftritte an Land zu ziehen. Eine Hochzeit, einen Geburtstag, Kirchfest,
Sommerfest vorm Supermarkt. Und auch in dieser Zeit wurde uns klar, daß wir in
Zukunft eine Antwort parat haben wollen wenn jemand fragt, wer wir eigentlich
sind. Also trafen wir uns zu einer ersten großen Besprechung zum Pizza essen
und haben zwar keinen außergewöhnlichen aber dafür schnell einen passenden
Namen gefunden. Denn wenn man eine 5-Mann-Band bucht, Doch Raimund und Dagmar, damals beide verheiratet – aber
nicht miteinander, standen wohl zu oft in der Probe mit ihren Instrumenten zu
eng nebeneinander… denn es bahnte sich eine gemeinsame Zukunft an. Die beiden
gingen bald gemeinsame Wege und beschlossen, sich mehr auf diese als auf eine
Rockband zu konzentrieren. Das alles passierte ziemlich schnell. Aber das lag
vielleicht auch daran, daß für Raimund und Dagmar klar war: Sie streben nicht
auf große Bühnen und nach verrockten Nächten. Rodger und ich waren plötzlich zu
zweit alleine – wußten aber zumindest, daß es weitergehen muß – irgendwie. „Ich
frag mal den Joe!“ brachte er bald vor. Wie klang das für mich ?! War das ein
weit in der Welt rumgekommener Musiker, womöglich Amerikaner, der uns bald
diese bequeme und familiäre Band, Ganz anders… ! Joe, der eigentlich Michael heißt, kam lächelnd, mit
lässigem Gang und mit rotem Hemd und blauer Weste in den Keller, als wollte er
sagen: „Wurde ja auch Zeit, daß ihr euch meldet.“ Rodger wußte, daß er auch
singen kann (die beiden hatten vor vielen Jahren sogar schon mal in einer Band
gespielt) und stellte auch gleich ein Mikro für ihn auf. Und wie präsent er
war, nicht nur stimmlich… ! Und auch gerade deshalb dachten wir uns, daß so ein
Musiker wohl ein Reisender ist und unsere „Institution“ nicht dauerhaft
unterstützen würde. Unsere Frage „Ob der noch mal wiederkommt?!!“ beantwortete
Rodger spontan mit „Glaub mir, der kommt wieder!“ Ja, Joe kam wirklich wieder. Dadurch hatten wir eine glasklare Stimme am Mikrofon, einen Frontmann und natürlich einen richtigen E-Gitarrist. Und einen Haufen Ideen hat er mitgebracht, zum großen Teil natürlich aus seiner musikalischen Vergangenheit und natürlich seine in letzter Zeit favorisierten Songs, die er endlich selbst mal an der Gitarre ausprobieren konnte. Und diese Konstellation paßte wie die Faust auf’s Auge. Rodger, Joe und ich hatten alle einen Riesenspaß beim dreistimmigen Gesang und daß gerade Hedde und ich, die „viel jüngeren“ mit diesen beiden älteren, musikerprobten Haudegen grinsend nebeneinander Musik machen durften, ehrte uns doch sehr. Zu
dieser Zeit, es war 1998, prägte uns auch ein Spruch von Joe, der immer
wieder im Proberaum zitiert wurde: "Leuts, wir müssen raus!" ausgemusterten Teppich aus und schon hatten wir Platz – Platz, um wieder einmal für jeden ein Plätzchen zu bestimmen – wie damals im Gemeindesaal ... ... nur jetzt in unserem ersten eigenen Proberaum. |